Lohnt sich Rürup? Für den Versicherer immer!
Lohnt sich eine Rürup-Rente (Basisrente) überhaupt im Vergleich zu einer selbstverwalteten Anlage in ETFs? Ich habe einen genauen Vergleich durchgeführt, den es in dieser Form noch nicht im Netz gibt. Dabei berücksichtige ich die wesentlichen Knackpunkte der Rürup.
Die Rürup-Rente (Basisrente) wird als Alternative oder Ergänzung zur gesetzlichen Rente für Gutverdiener und Selbständige beworben. Durch die versprochene Steuerersparnis soll sich das Modell lohnen.
Weniger steuern zu zahlen und stattdessen eine höhere Rente zu bekommen, klingt erstmal vielversprechend, aber was ist da wirklich dran? Lohnt sich das für dich und unter welchen Umständen?
Ich habe dies einmal konkret durchgerechnet und einen fairen Vergleich mit einem ETF-Portfolio durchgeführt. Da ich bisher keinen Artikel gefunden habe, der die Knackpunkte von Rürup wirklich in einem Vergleich berücksichtigt, hoffe ich, dass ich durch diesen Artikel etwas mehr Klarheit in das Thema bringen kann.
Wie funktioniert das Rürup-Modell?
Rürup funktioniert so: Du zahlst einen regelmäßigen Betrag ein und bekommst später eine Rente ausgezahlt.
Du kannst auf das eingezahlte Geld nicht mehr anders zugreifen. Es gibt auch keine Kündigungsmöglichkeit. Das eingezahlte Geld ist nicht vererbbar, außer du vereinbarst dies zusätzlich, was dann zu einer niedrigeren Auszahlung führt. Wir gehen hier daher vom einfachsten Fall ohne Vererbbarkeit aus.
Das Modell wird dadurch staatlich gefördert, dass du die Einzahlungen sofort von der Steuer absetzen kannst, dadurch weniger Steuern zahlst und somit mehr einzahlen kannst. Später musst du allerdings die ausgezahlte Rente versteuern. Das lohnt sich natürlich umso mehr, wenn dein aktueller Steuersatz sehr hoch ist und du folglich viel Steuern sparen kannst und später in der Auszahlungsphase einen deutlich niedrigeren Steuersatz hast. Somit ist Rürup - wenn überhaupt - eher für Gutverdiener geeignet oder eben als Alternative für Selbstständige, da diese oft nicht in die gesetzliche Rente einzahlen.
Das eingezahlte Geld wird investiert und du kannst es zum Beispiel (je nach Versicherung) in einem ETF deiner Wahl anlegen. Letztlich ist es für diesen Vergleich egal, wie das Geld genau investiert ist. Wenn wir "Selbstanlegen" mit Rürup vergleichen, kommt es nur darauf an, dass das Geld in beiden Fällen gleichartig investiert ist. Da ein ETF für diese Zwecke jedoch sinnvoll ist, tun wir so, als wäre das Geld in einen ETF investiert.
Die Auszahlung wird über einen Faktor bestimmt. Die Versicherung garantiert dir bei Abschluss einen Faktor, der angibt, wie hoch die monatliche Auszahlung pro 10.000 EUR ist. Hast du beispielsweise einen garantierten Faktor von 21 und 500.000 EUR angespart, bekommst du bei Rentenbeginn \(500.000 / 10.000 \times 21 EUR = 1.050 EUR\) pro Monat ausgezahlt.
Du kannst das Modell nur über eine Versicherung nutzen. Damit musst du auch hoffen, dass der Versicherer keine finanziellen Probleme bekommt, denn sonst könnte auch deine Basisrente in Gefahr geraten. Außerdem zahlst du laufende Gebühren und eventuell Abschlusskosten an die Versicherung.
Der Maximalbetrag, den du einzahlen kannst ist die Grenze der absetzbaren Vorsorgeaufwendungen. Diese wird schon durch deinen Beitrag zur gesetzlichen Rente teilweise ausgeschöpft. Aktuell wären dies 27.566 EUR pro Jahr abzüglich deiner Beiträge zur gesetzlichen Rente und sonstiger Vorsorgeaufwendungen, die du bereits absetzt.
Damit können wir die folgenden Nachteile zusammenfassen:
- keine Kündigungsmöglichkeit und damit extrem unflexibel
- Bonitätsrisiko der Versicherung (d.h. die Versicherung könnte Pleite gehen)
- einzige Auszahlmöglichkeit ist eine feste Rente, ab einem vertraglich vereinbarten Alter (62 - 67)
- standardmäßig keine Vererbbarkeit des Guthabens (Hinterbliebenenschutz lässt sich zusätzlich vereinbaren, aber du bekommst dann weniger Rente heraus)
- Abschlusskosten (entweder für einen Honorarberater oder für den Versicherungsvertreter) und Verwaltungskosten der Versicherung
- Es gibt einen Maximalbetrag, den du einzahlen kannst
- Auszahlungsbetrag bleibt konstant und wird nicht an die Inflation angepasst
Es gibt jedoch auch Vorteile, denn sonst könnten Versicherungen das ja nicht verkaufen:
- Steuerersparnis (ob und wie sehr diese sich lohnt werden wir in diesem Artikel sehen)
- Rente wird auf Lebenszeit ausgezahlt, egal wie alt du wirst (das hättest du bei Selbstanlage definitiv nicht)
- Solltest du Bürgergeld beantragen müssen, bleibt dieses Vermögen unberücksichtigt, da du es vor der Rente nicht entnehmen kannst. (Für viele "Gutverdiener" ein eher unrealistisches Szenario.)
Der Knackpunkt: Du bekommst eine Rente!
Der wichtigste Punkt - und das wird oft nicht richtig verstanden - ist: Du bekommst am Ende eine feste Rente.
Der Wert deines investierten Portfolios an sich ist für dich nicht relevant sondern nur der Wert dessen, was du ausgezahlt bekommst!
Das ist das Entscheidende für den Vergleich mit anderen Vorsorgeformen. Oft wird nur der Wert des Portfolios zum Zeitpunkt verglichen, wenn die Ansparphase endet. Das schönt die Rechnung erheblich.
Natürlich wirst du mit der Steuerersparnis durch Rürup immer mehr einzahlen können, aber das ist zweitrangig. Was zählt ist der Wert dessen, was du ausgezahlt bekommst.
Hier ein Beispiel: Hättest du beispielsweise eine halbe Million Euro in deinem Rürup-Portfolio und in deinem ETF-Portfolio nur 400.000 Euro. Dann liegt Rürup erstmal vorne. Aber du bekommst nicht die halbe Million. Du bekommst eine monatliche Auszahlung gemäß einem Faktor. Ist der Faktor beispielsweise 21, dann würdest du \(500.000 /10.000 \times 21 = 1.050 EUR\) pro Monat bekommen. Diese müssen auch noch versteuert werden.
Jetzt wird es etwas komplizierter. Wir müssen den Wert ermitteln, den eine solche Auszahlung hat. Dies erfolgt über das finanzmathematische Konzept des Barwerts.
Der Barwert der Auszahlung
Um den Wert der Rürup-Rente bei Rentenbeginn zu ermitteln, müssen wir den Barwert aller zukünftigen Rentenzahlungen bestimmen.
Wenn du in der Zukunft eine Zahlung erhältst, dann ist der Barwert einfach der Betrag, den du heute zu einem festen Zinssatz anlegen müsstest, um diese Auszahlung später inklusive Zinsen zu bekommen.
Zum Beispiel um eine Zahlung von 100 Euro in einem Jahr zu bekommen, müsstest du heute bei einem Zinssatz von 2% den Betrag von 98,04 Euro anlegen. Das ist der Barwert der 100 Euro in einem Jahr.
Dieses Konzept lässt sich für eine regelmäßige fixe Zahlung verallgemeinern. Es gibt eine Formel, die angibt, wie der Barwert unter Annahme eines festen Zinssatzes zu ermitteln ist. Um diesen Artikel auf das Wesentliche zu fokussieren, werden wir diese Formel hier nicht zeigen oder herleiten. Wenn du an den Details interessiert bist, kannst du meinen separaten Artikel dazu lesen. Du kannst aber auch die Formel ignorieren und dir einfach die Ergebnisse anschauen.
Ein Beispiel: Du bekommt jedes Jahr zum Jahresanfang 1000 EUR für 30 Jahre und der Zinssatz ist 2%. Dann ist der Barwert nicht etwa 30.000 EUR = 30 x 1.000 EUR sondern 22.844 EUR. Denn diesen Betrag müsstest du anlegen, wenn du jedes Jahr 2 % Zinsen (mit Zinseszins) bekommen kannst, um jedes Jahr 1.000 EUR entnehmen zu können.
Der Wert dieser regelmäßigen Zahlung ist genau der Barwert.
Um den Wert der Rürup-Rente bei Renteneintritt zu ermitteln, werden wir also im Folgenden den Barwert verwenden.
Rürup Beispiel durchgerechnet
Da Rürup ein Modell für Gutverdiener ist, nehmen wir an, du hast ein Bruttojahresgehalt von 100.000 EUR pro Jahr. Als Angestellter kannst du (Stand 2024) maximal 10.714 EUR in die Rürup einzahlen und von der Steuer absetzen, da du schon einen Teil der absetzbaren Vorsorgeaufwendungen durch deinen Beitrag zur gesetzlichen Rente ausschöpfst. (Das hängt mit der Beitragsbemessungsgrenze, dem Rentenversicherungsbeitrag und den absetzbaren Vorsorgeaufwendungen zusammen.) Als Selbständiger kann dies mehr sein, wenn du nicht in die gesetzliche Rente einzahlst. Damit es eine Runde Summe ist, nehmen wir einmal an, du zahlst exakt 10.000 EUR pro Jahr ein. Es kommt für den Vergleich nicht auf den genauen Betrag an, da wir im Vergleichsfall denselben Betrag annehmen werden.
Dein Steuersatz inklusive Soli beträgt dann 44,1%. Somit sparst du durch das Absetzen der Einzahlung von 10.000 EUR jedes Jahr 4.410 EUR an Steuern. Du zahlst von deinem Netto also nur 5.590 EUR für die Rürup, es werden aber 10.000 EUR investiert.
Das klingt erstmal nach einem Riesenvorteil, denn wenn du dein Geld selbst verwaltest, kannst du im Vergleich nur den Nettobetrag von 5.590 EUR investieren. Das werden wir beim Vergleich weiter unten berücksichtigen.
Ein Rürup-Vertrag mit 1% jährlichen Kosten oder weniger gilt als günstig. Wir nehmen also 1% Kosten pro Jahr an. Dabei gehen wir davon aus, dass dies die Effektivkosten sind. Alle Abschluss- und Verwaltungskosten und auch ETF-Gebühren sind in den Effektivkosten enthalten. Die Effektivkosten geben an, wie sich die Rendite des eingezahlten Geldes vermindert. Wir müssen bei dem späteren Vergleich mit dem ETF, dann die Kosten für den ETF abziehen.
Wir nehmen auch noch eine jährliche Rendite für das eingezahlte Geld an. Der exakte Wert ist nicht so wichtig, sondern dient nur der Illustration. Für den Vergleich werden wir für den ETF einfach dieselbe Rendite annehmen. Wir gehen einmal von 5% pro Jahr aus. Die Inflation können wir ignorieren, da diese beide Vergleichsvarianten gleichermaßen betrifft und wir einfach davon ausgehen, dass es sich um eine reale Rendite handelt. Die Effektivkosten müssen wir dann allerdings um die Inflation bereinigen und bei 2% Inflation hätten wir dann noch ca. 0,98% Effektivkosten. Da die Rendite durch die Effektivkosten gemindert wird, bleiben noch 4,02% jährliche Rendite.
Die Kosten der Auszahlungsphase sind nicht relevant, da für uns einfach der tatsächlich ausgezahlte Betrag zählt.
Wir müssen noch ein Start- und Endalter festlegen. Nehmen wir 40 und 62 Jahre. Wir fassen das Ergebnis in der folgenden Tabelle zusammen.
Alter | Bestand Rurüp Jahresbeginn | Einzahlung Rürup | Ertrag |
40 | 0 € | 10.000 € | 0 € |
41 | 10.000 € | 10.000 € | 402 € |
42 | 20.402 € | 10.000 € | 820 € |
43 | 31.222 € | 10.000 € | 1.255 € |
44 | 42.477 € | 10.000 € | 1.708 € |
45 | 54.185 € | 10.000 € | 2.178 € |
46 | 66.363 € | 10.000 € | 2.668 € |
47 | 79.031 € | 10.000 € | 3.177 € |
48 | 92.208 € | 10.000 € | 3.707 € |
49 | 105.915 € | 10.000 € | 4.258 € |
50 | 120.172 € | 10.000 € | 4.831 € |
51 | 135.003 € | 10.000 € | 5.427 € |
52 | 150.431 € | 10.000 € | 6.047 € |
53 | 166.478 € | 10.000 € | 6.692 € |
54 | 183.170 € | 10.000 € | 7.363 € |
55 | 200.534 € | 10.000 € | 8.061 € |
56 | 218.595 € | 10.000 € | 8.788 € |
57 | 237.383 € | 10.000 € | 9.543 € |
58 | 256.925 € | 10.000 € | 10.328 € |
59 | 277.254 € | 10.000 € | 11.146 € |
60 | 298.399 € | 10.000 € | 11.996 € |
61 | 320.395 € | 10.000 € | 12.880 € |
62 | 343.275 € | 0 € | 0 € |
Am Ende sind also 343.275 EUR im Rürup-Vertrag eingezahlt.
Die monatliche Auszahlung wird über den Rentenfaktor bestimmt. Aktuell garantiert ein günstig erscheinender Anbieter (den ich um keine Werbung zu machen nicht nennen möchte) für einen aktuell 40-jährigen einen Faktor von 20,91 EUR pro 10.000 EUR Vertragswert. Wir runden das mal auf 21. Die monatliche Auszahlung läge also in diesem Fall bei 721 EUR pro Monat oder 8.651 EUR pro Jahr.
Davon müssen Steuern gezahlt werden. Da es unmöglich ist einen konkreten Steuersatz vorherzusehen (dieser hängt von zukünftiger Gesetzgebung und sonstigen Einnahmen ab), nehmen wir 20% an. Dies wäre auf jeden Fall deutlich niedriger als der Steuersatz bei der Einzahlung, so dass die Steuerersparnis gut genutzt wird.
Es bliebe also Netto eine Auszahlung von 6.920 EUR pro Jahr.
Um den Barwert zu ermitteln müssen wir noch eine Auszahlungsdauer annehmen. Dazu gehen wir einmal davon aus, dass du 95 Jahre alt wirst. Das liegt zwar deutlich über der aktuellen Lebenserwartung von aktuell 40-jährigen Frauen von etwa 84 Jahren, die ja sowieso schon höher als die von Männern ist (Quelle: destatis), aber so können wir die Rürup-Rente umso mehr ausnutzen. Wir rechnen also mit günstigen Erwartungen.
Als Zinssatz für den Barwert nehmen wir 2% an. Wir wissen zwar nicht, ob wir dauerhaft zu diesem Satz Geld anlegen könnten, aber da 2% dem Inflationsziel der EZB entspricht, ist dies eine plausible Annahme.
Wir werden später auch noch die Annahmen variieren, um zu vermeiden, dass wir hier nur ein spezifisches Szenario betrachten und das Ergebnis an Allgemeingültigkeit einbüsst.
Der Barwert der Auszahlungen ist dann 169.331 EUR.
Bei Rentenbeginn mit 62 Jahren haben also die Netto-Auszahlungen einen Wert von 169.331 EUR. Das heißt, diesen Betrag müsste man für den gesamten Zeitraum mit 2% anlegen um sich die gleiche konstante Auszahlung genehmigen zu können.
Hier wird schon deutlich, dass die 343.275 EUR im Vertrag keine direkte Aussage darüber zulassen, was nun tatsächlich der Wert für dich wäre.
Vergleichen wir also den Wert der Rürup-Rente mit 62 mit dem ETF.
Wir rechnen ohne separate Abschlusskosten, da diese in den Effektivkosten enthalten sind. Allerdings sind günstige Rürup-Verträge oft nur über Honorarberater zu erhalten und genau genommen müsstest du dann das Beratungshonorar mit einkalkulieren.
Alternative durchgerechnet: Geld selbst investieren
Wir haben für Rürup 5590 EUR netto pro Jahr aufgewendet. Diesen Betrag investieren wir nun stattdessen in einen ETF mit gleicher Rendite. Es könnte aber wie gesagt auch eine andere Anlageform sein, solange sie mit dem Investment im Rürup-Vertrag identisch ist.
Wir nehmen ETF-Kosten von 0,2 % pro Jahr an, was heutzutage für breit gestreute ETFs normal ist. Teilweise geht es sogar günstiger. Diese Kosten ziehen wir direkt vom Ertrag ab.
Beim ETF müssen wir Steuern auf die Erträge zahlen. Bei einem Aktien-ETF (mit Teilfreistellung) beträgt der Steuersatz 18,75% inklusive Solidaritätszuschlag. Wir müssen jedoch pro Jahr nur die Vorabpauschale versteuern. Sagen wir das sind 1,4%. Dies ist eine plausible Annahme, da wir oben auch mit einem Zinssatz von 2% gearbeitet haben und die Vorabpauschale 70% des langfristigen Zinssatzes entspricht.
Alter | Bestand Jahresbeginn | Einzahlung | Steuern | Erträge |
40 | 0 € | 5.590 € | 0 € | 0 € |
41 | 5.590 € | 5.590 € | 14 € | 268 € |
42 | 11.434 € | 5.590 € | 29 € | 549 € |
43 | 17.543 € | 5.590 € | 45 € | 842 € |
44 | 23.930 € | 5.590 € | 62 € | 1.149 € |
45 | 30.607 € | 5.590 € | 79 € | 1.469 € |
46 | 37.588 € | 5.590 € | 97 € | 1.804 € |
47 | 44.885 € | 5.590 € | 115 € | 2.154 € |
48 | 52.514 € | 5.590 € | 135 € | 2.521 € |
49 | 60.490 € | 5.590 € | 156 € | 2.904 € |
50 | 68.828 € | 5.590 € | 177 € | 3.304 € |
51 | 77.545 € | 5.590 € | 199 € | 3.722 € |
52 | 86.657 € | 5.590 € | 223 € | 4.160 € |
53 | 96.184 € | 5.590 € | 247 € | 4.617 € |
54 | 106.143 € | 5.590 € | 273 € | 5.095 € |
55 | 116.555 € | 5.590 € | 300 € | 5.595 € |
56 | 127.440 € | 5.590 € | 328 € | 6.117 € |
57 | 138.819 € | 5.590 € | 357 € | 6.663 € |
58 | 150.715 € | 5.590 € | 388 € | 7.234 € |
59 | 163.152 € | 5.590 € | 420 € | 7.831 € |
60 | 176.154 € | 5.590 € | 453 € | 8.455 € |
61 | 189.746 € | 5.590 € | 488 € | 9.108 € |
62 | 203.955 € | 0 € | - | - |
Mit 62 sind also 203.995 EUR im Depot. Allerdings müssen die Erträge noch versteuert werden. Dazu summieren wir die Erträge, berechnen die Steuer von 18,75% und subtrahieren die schon gezahlte Steuer auf die Vorabpauschalen. Es bleibt ein Nettobetrag von 192.819 EUR.
Vorteile der Selbstanlage
Dein Geld selbst anzulegen hat im Vergleich zur Basisrente einige entscheidende Vorteile, die auch berücksichtigt werden müssen:
- Volle Flexibilität: Du kannst deinen angesparten Betrag jederzeit verwenden, wenn dies nötig sein sollte. Du kannst auch Teile entnehmen, wann immer du willst. Das solltest du natürlich nur tun, wenn es nötig ist, da du deine Altersvorsorge normalerweise nicht leichtfertig angreifen solltest. Ein gutes Beispiel wäre, dass du dich entscheidest die Mittel für ein Eigenheim zu verwenden, das ja auch eine Form der Altersvorsorge sein kann.
- Freie Wahl der Auszahlung: Du kannst, wenn du in Rente bist, mit dem Geld machen, was du willst und es ausgeben, wenn du es brauchst und nicht dann, wenn die Versicherung es dir auszahlt.
- Investierbarkeit im Ruhestand: Auch in der Rente kannst du das Geld weiterhin so anlegen wie du es möchtest und eine Rendite erwirtschaften, so dass du die Auswirkung der Inflation abschwächen kannst.
- Geringe Kosten: Du hast keine Abschlusskosten und nur geringe laufende Kosten.
- Volle Vererbbarkeit: Du kanst den angesparten Betrag komplett vererben, solltest du früh sterben. Deine Einzahlungen sind dann nicht einfach weg.
Showdown: Der Vergleich
In unserem Beispiel haben wir das folgende Ergebnis:
Wert | |
---|---|
Wert des ETF nach Steuern mit 62 | 192.819 EUR |
Barwert Rürup-Auszahlen Netto mit 62 | 169.331 EUR |
Differenz | 23.488 EUR (ETF liegt vorne) |
Der ETF liegt in diesem Beispiel also vorne.
Dabei haben wir in folgenden Punkten eher zum Vorteil der Rürup gerechnet:
- Hohe Lebenserwartung von 95
- ETF wird mit 62 voll versteuert (normalerweise würde man sich nur einen jährlichen Betrag auszahlen und dadurch von der Steuerstundung profitieren)
Nun könnte man bei diesem Vergleich kritisieren, dass die Annahmen nicht realistisch sind und sich Rürup doch in manchen Fällen lohnt. Zugegebenermaßen sind ein paar Annahmen eher willkürlich, aber nicht unplausibel, gewählt worden. Da sich aber nur mit Annahmen arbeiten lässt, wiederholen wir die gleiche Rechnung mit verschiedenen Werten. Dabei werden wir auch sehen, unter welchen Umständen sich Rürup also lohnen würde. Tatsächlich gibt es keinen klaren Sieger, wenn man nur den Endwert betrachtet.
Insbesondere die Faktoren sollten wir variieren, da es sich ja um den garantierten Faktor handelte, aber es unter Umständen auch einen höheren Faktor geben kann.
Die folgenden Annahmen variieren wir:
- Zinssatz
- Lebenserwartung
- Rentenfaktor
In der folgenden Tabelle sind einige beispielhafte Ergebnisse für verschiedene Annahmen von Zins, Lebenserwartung und Faktor. (Alle Beträge in EUR.)
Zins | Lebenserwartung | Faktor | Wert ETF | Wert Rürup | Differenz | Sieger |
---|---|---|---|---|---|---|
2% | 95 | 21 | 192.819 | 169.331 | 23.488 | ETF |
2% | 95 | 24 | 192.819 | 193.521 | <1.000 | unentschieden |
2% | 95 | 25 | 192.819 | 201.585 | -8.766 | Rürup |
3% | 95 | 21 | 192.819 | 148.019 | 44.800 | ETF |
3% | 95 | 24 | 192.819 | 169.165 | 23.654 | ETF |
3% | 95 | 25 | 192.819 | 176.214 | 16.606 | ETF |
1% | 95 | 21 | 192.819 | 193.232 | < 1.000 | unentschieden |
1% | 95 | 24 | 192.819 | 220.837 | -28.018 | Rürup |
1% | 95 | 25 | 192.819 | 232.901 | -40.083 | Rürup |
2% | 90 | 21 | 192.819 | 150.221 | 42.598 | ETF |
2% | 90 | 24 | 192.819 | 171.681 | 21.138 | ETF |
2% | 90 | 25 | 192.819 | 178.834 | 13.985 | ETF |
2% | 100 | 21 | 192.819 | 186.640 | 6.179 | ETF |
2% | 100 | 24 | 192.819 | 213.303 | -20.484 | Rürup |
2% | 100 | 25 | 192.819 | 222.191 | -29.371 | Rürup |
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass Rürup dann gewinnt, wenn der Faktor oder die Lebenserwartung sehr hoch sind oder der angenommene Zins sehr niedrig. Die Versicherung wird den Faktor auch abhängig vom Zins festlegen, doch die Methodik dafür liegt nicht offen, so dass wir hier einfach einige illustrative Kombinationen zeigen.
Bei einem Zins von 2% und Lebenserwartung von 95 müsste der Faktor mindestens bei 25 liegen, damit Rürup knapp gewinnt.
Bei einer Lebenserwartung von 90 Jahren, scheint sich Rürup eher nicht zu lohnen. Selbst diese läge jedoch deutlich über der aktuellen Lebenserwartung. Nicht einmal, wenn du 100 wirst, ist es sicher, dass sich Rürup lohnt.
Wir können also schließen, dass es keinen ganz klaren Sieger gibt. Unter bestimmten Bedingungen (hoher Faktor, hohe Lebenserwartung) kann Rürup vorne liegen. Der Unterschied wird aber deinen Lebensstandard nicht dramatisch verändern.
Es scheint so, dass Rürup bei einer niedrigen Zinsannahme vorne liegen könnte. Doch die Faktoren sind auch Zinsabhängig (Details kennt nur die Versicherung), so dass wir dann auch von niedrigen Faktoren ausgehen müssten.
Ist dieser kleine mögliche Vorteil die restriktiven Bedingungen Wert (keine Kündigungsmöglichkeit, keine Vererbbarkeit, kein Kapitalwahlrecht)?
Bedenke auch, dass die Rürup-Rente in der Auszahlungsphase nicht angepasst wird und du somit keine Inflationanpassung mehr bekommst, während du dein selbstverwaltetes Geld im ETF-Portfolio weiter profitabel investieren könntest.
Ein paar Punkte zu Rentenfaktoren
Wir haben im ausführlichen Beispiel oben mit einem Faktor von 21 gerechnet, also 21 EUR pro Monat für investierte 10.000 EUR. Im Jahre wären das 12 x 21 EUR also 252 EUR. Das sind also 2.52 % des investierten Betrags.
Wie lange könntest du dir von 10.000 pro Jahr 252 EUR entnehmen?
Richtig, du musst 10.000 durch 252 teilen. Das sind gut 39 Jahre. Das heißt, wenn der Kunde mit 62 anfängt seine Rente zu beziehen, könnte die Versicherung 39 Jahre lang, also bis zu einem Alter von 101 Jahren diesen Betrag auszahlen, ohne dass überhaupt eine Rendite erwirtschaftet werden müsste. Da die wenigsten so alt werden und auch überhaupt keine Rendite erwirtschaftet werden muss, ist das für die Versicherung quasi mit keinem Risiko verbunden. Der garantierte Faktor ist also nicht einmal eine gute Versicherung gegen das Langlebigkeitsrisiko, da die Chance so alt zu werden doch recht gering ist. Selbst dann würdest du mit etwas Rendite dir diesen Betrag mit geringem Risiko auszahlen können.
Selbst bei einem Faktor von 25, der 3% entspricht, könntest du dir gut 33 Jahre einen Betrag von 300 EUR von deinen sicher 10.000 EUR auszahlen, ohne überhaupt Zinsen zu verdienen - also bei Start mit 62 bis zum Alter von 95. Wenn du Festgeld nutzt und nur geringe Zinsen bekommst sogar länger. Braucht es überhaupt eine Versicherung, um diese "Leistung" zu erbringen?
Wer vereinnahmt die Differenz?
Wie du in dem ausführlichen Beispiel gesehen hast, gibt es eine gewaltige Differenz zwischen dem Wert des Investments im Rürup-Vertrag und dem Wert der tatsächlichen Auszahlung.
Zur Erinnerung: Der Wert des Portfolios im ausführlichen Beispiel war am Ende 343.275 EUR. Der Wert der Auszahlung nur 169.331 EUR, also weniger als die Hälfte. Wow, eine Differenz von 173.944 EUR!
Wie kommt diese Differenz zustande und was passiert mit dem Geld?
Ein Grund dafür ist die Steuer. Der Wert im Portfolio war noch nicht versteuert und diese werden abgezogen. Der Barwert der Steuern beträgt in dem Beispiel jedoch nur 42.333 EUR. Es verbleiben immer noch 131.611EUR, die sich nicht so leicht erklären lassen.
Erst bei einem Faktor von etwa 34 würde diese Differenz nahezu verschwinden.
Im Prinzip behält der Versicherer das Geld. Wahrscheinlich wird er den Betrag noch versteuern müssen, da es bisher unversteuert war.
Die Vertragskosten sollten doch eigentlich in den Effektivkosten enthalten sein, die alle Abschluss- und Verwaltungskosten berücksichtigen. Das Langlebigkeitsrisiko ist für die Versicherung dadurch abgesichert, dass einige Kunden früher sterben und andere später und sie somit mit der durchschnittlichen Lebenerwartung rechnen kann. Somit kann ich mir nicht erklären, was mit dem Geld passiert.
Da ich die Interna der Versicherungen nicht kenne, kommen mir nur die folgenden Fragen, die ich aktuell nicht beantworten kann:
- Sorgt der Rürup-Vertrag für einen gewaltigen Überschuss bei der Versicherung?
- Wird die Steuerersparnis, die sich wie demonstriert für den Kunden in vielen Fällen nicht lohnt, überwiegend von der Versicherung vereinnahmt?
- Ist die Basisrente ein Modell, bei dem hauptsächlich die Versicherung von der staatlichen Förderung profitiert?
- Ist die Steuerersparnis ein bloßes Verkaufsargument für die Versicherung, die aber beim Kunden kaum ankommt?
- Sind die Rentenfaktoren so konservativ gewählt, dass die Versicherung zwar ihr Risiko minimiert, jedoch der Kunde am Ende kaum Rendite macht?
Fazit
Für die Versicherung lohnt sich dein Rürup-Vertrag. Für dich nur wenn du sehr lange lebst. Die Steuerersparnis scheint sich nur wenig auszuwirken.
Möchtest du dein Risiko absichern, dass dir im hohen Alter das Geld ausgeht (so ab 100+ Jahren) und möchtest du dich nicht um die Ermittlung der Auszahlungen kümmern, dann könnte dies etwas für dich sein. Du musst allerdings einen extrem unflexiblen Vertrag eingehen und bereit sein, darauf zu verzichten etwas von dem Geld zu vererben, solltest du früher sterben (Ausnahmen siehe oben). Außerdem hast du all die oben genannten Vorteile der Selbstanlage nicht (Flexibilität, Vererbbarkeit, geringe Kosten, freie Verwendung der Mittel).